Ausstellung und Kunstauktion erinnern an die Bücherverbrennung von 1933
Mit einer Ausstellung unter dem Titel "Brandspur Leipzig - Spur der Bücher" im Foyer des Leipziger Volkshauses, Karl-Liebknecht-Straße 30/32, will der Münchner Künstler Wolfram P. Kastner vom 3. Oktober bis 9. November 2000 an die Bücherverbrennungen der Nationalsozialisten von 1933 erinnern. In über 50 deutschen Städten brannten damals Bücher. Leipzig spielte dabei eine besondere Rolle, denn hier wurden die Listen der verbotenen und verbrannten Bücher zusammengestellt. Zugleich sammelte die deutsche Bibliothek geraubte Exemplare der verbotenen und verbrannten Bücher in sogenannten Giftschränken".
Das Leipziger Volkshaus, Ort der Ausstellung, beherbergte damals die Zentralbibliothek der Gewerkschaften und der SPD, die am 3. Mai 1933 von den Nationalsozialisten ausgeraubt wurde. Der Autor der Ausstellung geht davon aus, dass Teilbestände dieser Bibliothek am Volkshaus und auf dem kleinen Messplatz verbrannt wurden.
Die Ausstellung unter anderem mit Installationen von Bücherregalen, Fotos und Schriftdokumenten realisierte der Künstler im Auftrag des Kulturamtes der Stadt Leipzig und mit Unterstützung des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Kreisverband Leipzig, der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Hans Böckler Stiftung.
Eröffnet wird die Ausstellung am Dienstag, 3. Oktober 2000, 18.00 Uhr, mit einer Kunstaktion von Wolfram P. Kastner vor dem Volkshaus, auf dessen Gehsteig er unter anderem den Schriftzug "Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man am Ende auch Menschen" (Heinrich Heine) aufbringen will.
Zur Eröffnung sprechen neben dem Künstler die Leiterin des Kulturamtes, Susanne Kucharski-Huniat, und der Gewerkschaftssekretär des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Kreisverband Leipzig, Dietmar Scholz.
Im Anschluss lesen die Schauspieler Grit Meißner und Marcus Born Texte aus verbrannten Büchern.
Der Künstler Wolfram P. Kastner wurde 1947 in München geboren. Er studierte Kunst, Geschichte und Politik in verschiedenen Städten. Heute lebt und arbeitet er in München. Seit 1994 hat er mit vielfältigen Aktionen unter anderem in München, Kassel, Marburg, Dresden und Nürnberg die Erinnerung an die Bücherverbrennungen, den Raub und die Vernichtung von Büchern und Bibliotheken angeregt.
Zur Erinnerung an die Bücherverbrennung der Nazis von 1933 -
ein aktives Denkmal zur Beteiligung:
Brandfleck auf dem Königsplatz
und München liest - aus verbrannten Büchern
Seit 1995 alljährlich am 10. Mai brennt der Künstler Wolfram P. Kastner auf dem Königsplatz vor der Antikensammlung (an der Stelle der Bücherverbrennung der Nazis und ihrer Sympathisanten von 1933) eine Brandspur in den Rasen - damit kein Gras über die Erinnerung an den Beginn der Brandstiftung wächst, die im Brand der Synagogen, Städte und Menschen endete.
Diese Aktion wurde zunächst von der Stadtverwaltung mit grotesken Bemerkungen mehrfach verboten, seit 2004 genehmigt – mit der Auflage, für die „zeitnahe“ Abdeckung mit Rollrasen 350 € in der Stadtkasse zu hinterlegen. Seit 2005 kann der Brandfleck als temporäres Denkzeichen genehmigt realisiert werden.
Alljährlich am 10. Mai lesen Autor/innen, Schüler/innen, Schauspieler, Student/innen, Politiker und viele andere engagierte Bürger/innen auf dem Königsplatz am Ort der Bücherverbrennung der Nazis von 1933 unter dem Motto „München liest – aus verbrannten Büchern“ Texte von Schriftsteller/innen, deren Bücher 1933 ff in über 60 deutschen Städten verbrannt wurden.
Die Lesungen, die von Wolfram P. Kastner angeregt und bereits zum achten Mal in Zusammenarbeit mit dem Kulturreferat der Stadt München durchgeführt wird, fanden in den vergangenen Jahren großes Interesse. Die erste Lesung aus verbrannten Büchern auf dem Königsplatz fand 1996 mit Hanne Hiob und Schüler/innen des Luisengymnasiums statt. Seit 2004 werden die Lesungen vom Kulturreferat der Landeshauptstadt München u.a. gefördert.
Wer Interesse daran hat, selbst aus einem verbrannten Buch vorzulesen, kann sich unter der Telefonnummer 089 – 157 32 19 anmelden.
Den Brandfleck zur Erinnerung an die Bücherverbrennung legte Wolfram P. Kastner erstmals 1995 an – damals und in den folgenden Jahren wurde das immer wieder verboten, 2004 erstmals erlaubt und mit Rollrasen zugedeckt, München hat (im Gegensatz zu einigen anderen Brandstädten) bis heute kein dauerhaftes Zeichen der Erinnerung an die in der ehemaligen „Hauptstadt der Bewegung“ besonders groß inszenierte Bücherverbrennung und die dabei vernichtete beste deutsche Literatur des 20. Jahrhunderts, die teilweise bis heute aus den Bibliotheken, den Schulbüchern und den Köpfen verschwunden ist.
Mit dem Brandfleck und den Lesungen will Kastner eine positive Tradition für Freiheit, Menschenwürde und Akzeptanz stiften und viele – insbesondere junge – Menschen dafür und für die entsprechende Literatur gewinnen und sensibilisieren.
Erinnerungszeichen zu den Bücherverbrennungen und Lesungen aus „verbrannten Büchern“ hat Wolfram P. Kastner angeregt und teilweise – mit oder ohne Genehmigung – realisiert in: Frankfurt, Heidelberg, Kassel, Leipzig, Lübeck, Mannheim, Nürnberg, Salzburg, Würzburg und Wuppertal.
In vielen anderen Städten wurden von ihm ein Erinnerungszeichen und eine Lesung angeregt, aber nicht realisiert oder verhindert:
Bonn, Braunschweig, Dresden, Düsseldorf, Essen, Greifswald, Hannover, Landsberg, Rostock
Die verbrannten Dichter:
Ernst Barlach - Oskar Baum - Vicki Baum– Martin Beradt - Franz Blei - Bertolt Brecht– Joseph Breitbach - Max Brod - Ferdinand Bruckner– Elias Canetti - Veza (Magd) Canetti - Elisabeth Castonier– Franz Th. Csokor - Alfred Döblin – Kasimir Edschmid– Hans Fallada - Lion Feuchtwanger - Marieluise Fleisser– Bruno Frank - Leonhard Frank – Richard Friedenthal– Oskar Maria Graf - Karl Grünberg – Willy Haas– Hans Habe - Jakob Haringer - Walter Hasenclever– Georg Hermann - Franz Hessel - Ödön von Horvath– Oskar Jellinek - Erich Kästner - Franz Kafka– Mascha Kaleko - Gina Kaus - Hermann Kesten– Irmgard Keun - Egon Erwin Kisch - Klabund– Annette Kolb –Gertrud Kolmar - Paul Kornfeld– Else Lasker-Schüler - Theodor Lessing - Jack London - Emil Ludwig - Heinrich Mann - Klaus Mann– Thomas Mann - Valeriu Marcu - Walter Mehring– Konrad Merz -Max Mohr - Erich Mühsam– Hans Natonek - Alfred Neumann - Robert Neumann– Leo Perutz - Theodor Pli(e)vier - Alfred Polgar– Gustav Regler - Erich Maria Remarque - Ludwig Renn– Alexander Roda-Roda - Joseph Roth - Hans Sahl– Anna Seghers - René Schickele - Arthur Schnitzler– Bruno Schulz - Upton Sinclair - Leopold Schwarzschild– Hilde Spiel - Adrienne Thomas - Ernst Toller– Friedrich Torberg - B. Traven - Karl Tschuppik– Kurt Tucholsky – Fritz v. Unruh - Johannes Urzidil– Berthold Viertel - Jakob Wassermann - Armin T. Wegner– Ernst Weiss - Franz Werfel - Eugen Gottlob Winkler – Theodor Wolff - Paul Zech - Carl Zuckmayer – Arnold Zweig – Stefan Zweig - u.a.