KUNSTAKTION AM DOBRATSCH ZUR ERINNERUNG AN DIE
VERTREIBUNG DER JUDEN VOM VILLACHER HAUSBERG
11.06 – 15.09.2011
Mit Wolfram P. Kastner, Ernst Logar und Paul Gulda
Die Sektion Villach des DeutschÖsterreichischen Alpenvereins schloss bereits 1919 mit einem „Arierparagraph“ jüdische Mitglieder aus.
Mit diesem Kunstprojekt wurde der antisemitische Irrsinn thematisiert und an die jüdischen Villacher/innen erinnert, die ausgegrenzt, verfolgt und in einigen Fällen ermordet wurden.
Ca. 250 Personen wanderten 2011 gemeinsam entlang des Weges, der nach einer Idee von Wolfram P. Kastner mit Biografien, Dokumenten und Wegweisern mit den Namen der
jüdischen Villacher/innen versehen wurde.
Wolfram Kastner (DE): WEG DER NAMEN | POT IMEN
Installation zur Erinnerung an das »Judenverbot« am Dobratsch im Jahr 1921 |Instalacija v spomin na leto 1921, ko je bil judom prepovedan dostop na DobraC |Installazione in ricordo del divieto agli ebrei di accedere al Dobratsch nel 1921
MORITZ FISCHBACH
wurde am 20. Februar 1881 geboren. Er war mit Amalia Fischbach verheiratet und hatte zwei Söhne, Josef und Leopold. Die Familie lebte in Villach in der Klagenfurter Straße 44.
Moritz Fischbach führte ein kleines Bekleidungsgeschäft in der Lederergasse. Er starb in Frankreich 1941 auf der Flucht vor den Nazis unter ungeklärten Umständen.
»Ich kaufte mit geborgtem Geld Visa für meine Eltern nach Kuba. Sie schifften sich im Februar 1939 ein. Der Name des Schiffes war ›St. Louis‹. Die Kubaner ließen das Schiff nicht landen und die armen 1.000 Menschen mussten zurück nach Europa. Vier Länder, England, Frankreich, Holland und Belgien, erklärten sich bereit je 250 Leute aufzunehmen.
Meine Eltern wurden nach Südfrankreich gebracht. Die Franzosen internierten meinen Vater ins Lager Gurs. Nach seiner Freilassung war meine Mutter bereits im nazibesetzten Gebiet. Mein Vater ging zu meiner Mutter zurück. Kurz nachher verschied er im Mirabeu-Spital, im Alter von 51 Jahren. Meine Mutter wurde 1942 nach Auschwitz verschleppt und ist in den Gaskammern umgekommen. Menschen, die in ihrem ganzen Leben nie jemandem ein Leid zufügten.« (Leopold Fischbach am 15. Oktober 1995)
BERTHA FISCHER
lebte 1921 in Villach in der Klagenfurter Straße 44. Sie war mit Ignaz Fischer verheiratet und hatte mit ihm zwei Söhne, Alois und Heinrich, sowie eine Tochter, Charlotte Fischer.
CHARLOTTE FISCHER
wurde am 9. November 1911 als Tochter von Bertha und Ignaz Fischer geboren. Die Familie lebte in Villach in der Klagenfurter Straße 44. Charlotte Fischer hatte zwei Brüder, Alois und Heinrich. Sie besuchte die Handelsakademie in Klagenfurt.
Dr. EGON WEISSBERGER
war Notar in Villach und wohnte mit seiner Frau Arabella und seiner Tochter in der Peraustraße. Er war am Kärntner Abwehrkampf beteiligt und wurde dafür auch ausgezeichnet. 1938 wurde er von den Nazis im Zusammenhang
mit der so genannten »Kristallnacht« verhaftet. Das Mobiliar des Büros wie auch der Wohnung wurde im Beisein der nichtjüdischen Frau und der Tochter zertrümmert und auf die Straße geworfen. Weißberger flüchtete mit seiner Frau und seiner Tochter nach Jugoslawien, wo sie den Krieg überlebten.
»Die Nazis brachen die Wohnungstür auf und hatten dafür auch mehrere Werkzeuge mit. Sie machten sich über die Möbel her und warfen fast alles aus den Fenstern, zerschnitten die Vorhänge und Bilder und zerschlugen das schöne Geschirr. Dann warfen sie auch die Münzen aus der Sammlung meines Mannes auf die Straße, und was sie an Schmuck und Edelsteinen fanden, zertraten sie entweder am Boden oder warfen es aus den Fenstern.« (Arabella Weißberger)
ELSA BLAU
stammte aus Graz und war mit dem Kaufmann Leopold Blau verheiratet. Ab 1911 betrieben sie in Villach der Weißbriachgasse 12 das Warenhaus »Elba«. Im November 1938, im Zuge der »Kristallnacht«, wurde ihr Mann von den Nazis verhaftet und in ein Konzentrationslager deportiert. Das Geschäft in der Weißbriachgasse wurde »arisiert« (heute: KIK). Er kam wieder frei, und das Ehepaar musste zwangsweise nach Wien übersiedeln. Am 28. Juni 1942 wurde Leopold Blau von Wien in das KZ Theresienstadt und von dort am 23. September 1942 in das KZ-Treblinka deportiert, wo er ermordet wurde.
Elsa Blau überlebte. Ob eine Rückgabe des geraubten Eigentums erfolgte, ist unbekannt.
FRIEDRICH ZWERLING
wurde am 21. Januar 1898 in Lemberg geboren. Sein Vater war Hermann Zwerling, Oberoffizial in Villach. Die Familie wohnte im Haus von Leon Zwerling, Oberer Heidenweg 34. Friedrich Zwerling besuchte die Handelsakademie in Klagenfurt.
GERTRUD BENESCH
lebte 1921 in Villach. Sie war mit dem Kaufmann Otto Benesch verheiratet.
GERTRUD NEUMANN
lebte 1921 in Villach. Ihre Eltern waren Helene und Oskar Neumann.
HEINRICH LILIAN
lebte 1921 in Villach. Er war Handlungsgehilfe und »alleinstehend«.
HELENE NEUMANN
lebte 1921 in Villach. Sie war mit Oskar Neumann verheiratet. Das Ehepaar hatte eine Tochter, Gertrud Neumann.
IGNAZ FISCHER
lebte 1921 in Villach in der Klagenfurter Straße 44. Er war Kaufmann. Er war mit Bertha Fischer verheiratet und hatte mit ihr zwei Söhne, Alois und Heinrich, sowie eine Tochter, Charlotte.
JANUS SAJOVIC
lebte 1921 in Villach. Er war Handelsagent.
JOSEF BALOGH
lebte 1921 in Villach. Er war Industrieller und »alleinstehend«.
DR. GUSTAV BAUM
lebte 1921 in Villach. Er war Fabriksdirektor.
JOSEF STERNSCHUSS
besaß eine Papierfabrik in der Oberen Fellach. Er wurde von den NS-Behörden enteignet, die Fabrik »arisiert« (von einem Nichtjuden günstig gekauft). Josef Sternschuss wurde von der Gestapo verhaftet und vermutlich in ein KZ deportiert.
Er kam später frei und floh nach Palästina.
LEA HERMANN
lebte 1921 in Villach bei der Familie Bertha und Ignaz Fischer in der Klagenfurter Straße 44.
LEON ZWERLING
war Bahnbeamter und bis April 1939 Eigentümer des Hauses Oberer Heidenweg 34 in Villach. Am 10. November 1938 zerstörten Villacher Nazis seine gesamte Wohnungseinrichtung. Aufgrund seiner jüdischen Herkunft war er gezwungen, das Haus zu verkaufen. Am 16. November 1942 zwang ihn die Gestapo, nach Wien zu übersiedeln. »Nach diesem Zerstörungswerk sind sie [die SA-Horde, Anm.] wieder fort und haben hinter sich die Wohnungstür abgesperrt und den Schlüssel von außen stecken lassen, sodass ich mit meiner Frau genötigt war, die Wohnung durch Herablassen der Küchenbalken zu verlassen. Meine Frau und ich wurden bei diesem Anlass mit den Worten Saujud, Judenweibl u. ä. beschimpft. Wir haben uns über diese mutwillige Zerstörung unseres Eigentums sehr aufgeregt. Meine Frau ist 66 Jahre alt und ich bin schon 75 Jahre. In der Folge musste ich mit meiner Frau, da wir gar keine Betten hatten, mehrere Tage auf dem Boden liegen.«
Leon Zwerling überlebte und erstattete im Oktober 1945 Anzeige gegen die Gewalttäter.
LEOPOLD BLAU
geboren am 7. November 1874 in Pressburg, war mit Elsa Rosenberg aus Graz verheiratet und kam 1904 aus Pressburg nach Villach. Ab 1911 betrieb er mit seiner Frau in der Weißbriachgasse 12 das Warenhaus »Elba«. Im November 1938, im Zuge der »Kristallnacht«, wurde er von den Nazis verhaftet und anschließend in ein Konzentrationslager deportiert. Das Geschäft in der Weißbriachgasse (heute: KIK) wurde »arisiert«. Er kam wieder frei und musste zwangsweise nach Wien übersiedeln, wo er im 2. Bezirk wohnte.
Am 28. Juni 1942 wurde er von Wien aus in das KZ Theresienstadt und von dort am 23. September 1942 in das KZ- Treblinka weiter deportiert, wo er ermordet wurde. Seine Frau Elsa überlebte.
DR. MARCELL GLESINGER
wurde am 21. Juni 1892 in Leoben geboren. Er hatte drei Brüder und eine Schwester, war Teilnehmer des 1. Weltkriegs und erhielt zahlreiche Tapferkeitsauszeichnungen. Er studierte Rechtswissenschaften in Graz, war Mitglied der jüdischen schlagenden Verbindung »Charitas« und siedelte sich als Anwalt in Villach an. Seine Wohnung und die Kanzlei befanden sich am Hans-Gasser-Platz 2. Er war mit Sophie Glesinger verheiratet und hatte mit ihr zwei Kinder, Sascha und Eduard. Nach dem Entzug der Arbeitsberechtigung als Rechtsanwalt und mehrfachen Plünderungen der Wohnung musste die Familie 1938 nach Wien übersiedeln. Von dort floh sie im September nach Holland. 1939 ging die Flucht weiter nach Triest, von dort nach Alexandrien und Haifa. Marcell Glesinger erhielt zunächst keine Arbeitserlaubnis. Er schlug sich mit Gelegenheitsarbeiten durch (u.a. als Nachtportier). Bis zu seinem Tode im November 1976 lebte er in ärmlichen Verhältnissen. Er erhielt keine »Entschädigung« oder Pension.
MARIA GORNIK
wurde am 20. April 1900 in Burztyn in Polen geboren. Sie wohnte mit ihrem nichtjüdischen Mann Wilhelm in der Friedrichstraße 40 in Villach und betrieb mit ihm gemeinsam eine kleine Greißlerei am Kiesweg 10 in den Auen.
Von Nachbarn wurde sie mehrfach beschimpft und denunziert. Sie wurde von der Gestapo verhaftet und im Dezember 1942 ins KZ Ravensbrück deportiert. Von dort kam sie ins KZ Auschwitz, wo sie am 16. Oktober 1942 ermordet wurde.
MINA FISCHBACH
wurde am 5. Oktober 1885 in Galizien geboren. Sie war mit Osias Fischbach verheiratet, hatte zwei Söhne, Ferdinand und Rudolf, und eine Tochter, Elisabeth. Die Familie lebte in Villach in der Italienerstraße 2.
MARIANNE SALTER
lebte 1921 in Villach. Sie war Beamtin und »alleinstehend«.
NORA OHRNSTIEL
lebte 1921 in Villach. Sie war die Tochter von Karl und Ada Ohrnstiel.
NORBERT TERSCH
wurde am 11. Dezember 1899 in Villach geboren. Er war Bücherrevisor. Er wurde von den Nazis gezwungen, nach Wien zu übersiedeln. 1941 wurde er in das Ghetto Opole in Polen deportiert, dann in ein Vernichtungslager gebracht und ermordet. Die näheren Umstände seines Todes sind nicht bekannt.
Er hinterließ einen Sohn Norbert.
OLGA SALTER
lebte 1921 in Villach. Sie war Beamtin und »alleinstehend«.
OSKAR NEUMANN
lebte 1921 in Villach und war Filialleiter. Er war mit Helene Neumann verheiratet.
Das Ehepaar hatte eine Tochter, Gertrud Neumann.
OSKAR SALTER
lebte 1921 in Villach. Er war Beamter und »alleinstehend«.
OTTO BENESCH
lebte 1921 in Villach. Er war Kaufmann und mit Gertrud Benesch verheiratet.
OTTO KULKA
lebte 1921 in Villach. Er war Ingenieur.
ADA OHRNSTIEL
wurde am 19. Februar 1890 in Triest geboren. Mit ihrem Ehemann Karl Ohrnstiel hatte sie eine Tochter, Nora. 1921 lebte sie in Villach. 1923 übersiedelte die Familie nach Wiener Neustadt und dann weiter nach Wien.
Ada Ohrnstiel flüchtete am 29. Juli 1939 in die Vereinigten Staaten.
DI KARL OHRNSTIEL
wurde am 5. Januar 1885 in Pilsen geboren. Er war Oberbaurat bei der österreichischen Eisenbahn. 1921 lebte er mit seiner Frau Ada und Tochter Nora in Villach. 1923 übersiedelte die Familie nach Wiener Neustadt und dann nach Wien. Karl Ohrnstiel wurde am 28. November 1941 ins Ghetto von Minsk deportiert und dort ermordet.
ADOLF TERNER
wurde am 20. April 1883 in Dornesti, Rumänien, geboren. 1921 lebte er mit seiner Frau Ella in Villach. Später übersiedelten die beiden nach Klagenfurt, wo Adolf Terner am Rudolfsbahnhof einen Holz- und Kohlehandel betrieb.
Am 12. August 1939 flüchteten sie nach Palästina. Adolf Terner verstarb am 6. Mai 1964 in Haifa.
ELLA TERNER
war mit Adolf Terner verheiratet. 1921 lebten die beiden in Villach, später übersiedelten sie nach Klagenfurt. Am 12. August 1939 flüchteten sie nach Palästina. Ella Terner verstarb am 10. März 1967 in Haifa.
ALOIS FISCHER
war der Sohn von Bertha und Ignaz Fischer. Alois hatte zwei Geschwister, Heinrich und Charlotte. Die Familie lebte in Villach in der Klagenfurter Straße 44.
HEINRICH FISCHER
war der Sohn von Bertha und Ignaz Fischer. Heinrich hatte zwei Geschwister, Alois und Charlotte. Die Familie lebte in Villach in der Klagenfurter Straße 44.
Heinrich Fischer flüchtete nach Palästina.
AMALIA FISCHBACH
wurde am 20. Juli 1885 in Losiacz, Bez. Rorszczow, geboren. Sie war mit Moritz Fischbach verheiratet und hatte zwei Söhne, Josef und Leopold. Die Familie lebte in Villach in der Klagenfurter Straße 44.
1942 wurde Amalia Fischbach von Drancy in Frankreich in das KZ Auschwitz deportiert und dort ermordet.
JOSEF FISCHBACH
war der Sohn von Amalia und Moritz Fischbach. Die Familie lebte in Villach in der Klagenfurter Straße 44. Josef und sein Bruder Leopold waren begeisterte Bergsteiger, durften aber die Alpenvereinshütten wegen ihrer jüdischen Abstammung nicht betreten.
Im November 1938 flüchtete Josef in die Vereinigten Staaten.
MORITZ FISCHBACH
wurde am 20. Februar 1881 geboren. Er war mit Amalia Fischbach verheiratet und hatte zwei Söhne, Josef und Leopold. Die Familie lebte in Villach in der Klagenfurter Straße 44. Moritz Fischbach führte ein kleines Bekleidungs-geschäft in der Lederergasse.
Er starb in Frankreich 1941 auf der Flucht vor den Nazis unter ungeklärten Umständen.
LEOPOLD FISCHBACH
wurde am 12. August 1912 in St. Ruprecht bei Klagenfurt als Sohn von Amalia und Moritz Fischbach geboren. Kurze Zeit später übersiedelte die Familie nach Villach, wo sie in der Klagenfurter Straße 44 lebte. Leopold Fischbach besuchte die Volksschule und das Gymnasiums in Villach.
»Bald nach dem Ende des Ersten Weltkrieges kam ich in die Volksschule. Die Misere meines Lebens begann mit diesem Zeitpunkt. Täglich wurde ich von meinen Mitschülern mit folgenden Worten begrüßt: ›Jüdchen Jüdchen hed hed hed, Schweinefleisch mach Jüdchen fett.‹ Nach einiger Zeit ist es ihnen gelungen, mich von meinem direkten Weg zur Schule zu vertreiben. […] Der Antisemitismus war ihnen schon in der frühesten Jugend beigebracht worden. […] Täglich um 10 Uhr hatten wir eine Pause. Alle Schüler begaben sich in den Schulhof. Ich konnte nicht daran teilnehmen. Dasselbe galt für Ausflüge.«
Leopold und sein Bruder Josef waren begeisterte Bergsteiger, durften aber die Alpenvereinshütten wegen ihrer jüdischen Abstammung nicht betreten.
Leo Fischbach gelang im September 1938 die Flucht in die USA. Seine Mutter Amalia wurde im KZ Auschwitz ermordet. Sein Vater Moritz starb auf der Flucht vor den Nazis in Frankreich.
MAX FISCHBACH
lebte 1921 in Villach. Wie sein Bruder Moritz Fischbach war er Kaufmann.
Ihm gelang die Flucht nach Venezuela.
OSIAS FISCHBACH
wohnte in Villach in der Italienerstraße 2. Er war mit Mina verheiratet und hatte ein Geschäft unter derselben Adresse. Das Ehepaar hatten zwei Söhne, Ferdinand und Rudolf, und eine Tochter, Elisabeth. Ein Zeitzeuge erinnerte sich an das Novemberpogrom: »Beim Fischbach in der Italienerstraße (gegenüber dem heutigen Buchmarkt »Libro«, Anm.) haben wir zugeschaut wie Sachen aus dem Fenster im 1. Stock geflogen sind. Es waren SA-Leute in Uniform, die das gemacht haben. Die SA-Männer sind von hinten über den Hof mit einer Leiter eingedrungen. Alles wurde auf die Straße hinuntergeschmissen: Bücher, Geschirr, Silberbesteck, Bettwäsche, Lebensmittel, auch die Vorhänge wurden heruntergerissen. Was nicht durch das Fenster gepasst hat, ist zuerst zertrümmert worden. Zum Schluss sind große Stoffballen heruntergeschmissen worden.« Osias Fischbach flüchtete über Venezuela in die Vereinigten Staaten.
RUDOLF FISCHBACH
wurde am 27. November 1909 in Klagenfurt als Sohn von Osias und Mina Fischbach geboren. Er hatte zwei Geschwister, Ferdinand und Elisabeth. Die Familie lebte in Villach in der Italienerstraße 2. Er erlernte den Beruf des Kaufmanns.
Rudolf Fischbach war begeisterter Bergsteiger. Die Hütten des Alpenvereins durfte er wegen seiner jüdischen Abstammung nicht betreten.
Er emigrierte am 5. November 1938 in die Vereinigten Staaten.
FERDINAND FISCHBACH
wurde 1908 in Klagenfurt als Sohn von Osias und Mina Fischbach geboren. Er hatte zwei Geschwister, Rudolf und Elisabeth. Die Familie lebte in Villach in der Italienerstraße 2.
Ferdinand Fischbach flüchtete über Venezuela in die Vereinigten Staaten. 1948 heiratete er in New York die ebenfalls vor den Nazis geflüchtete Frederike Schey aus dem Burgenland.
Er verstarb am 2. Februar 1985 in Florida.
ARTHUR GLESINGER
war Kaufmann, Leiter einer Zweigstelle des Leobener Familiengeschäfts am Oberen Kirchplatz 1, Freidenker und Mitbegründer eines sozialdemokratischen Turnvereins in Villach. Er war verheiratet mit Josefine, einer nichtjüdischen Bauerntochter aus Treffen bei Villach. Das Ehepaar hatte zwei Kinder, Herta und Herbert. Das Geschäft wurde nach dem »Anschluss« 1938 von den Nazis »liquidiert«. Zum Schutz von Ehefrau und Kindern erwirkte Arthur Glesinger die Scheidung und floh im Sommer 1938 über Wien nach Palästina (Haifa). Sohn Herbert floh nach England und kam nach dem Krieg nach Villach zurück, wo er eine Würstelbude betrieb. Tochter Herta blieb in Villach und wurde von der Verwandtschaft versteckt.
Nach Kriegsende kehrte Arthur Glesinger nach Villach zurück, heiratete Josefine zum zweiten Mal und gründete ein neues Geschäft. Es erfolgte keine Rückgabe seines geraubten und zerstörten Eigentums. Er starb 1957. Sein Grab befindet sich auf dem Zentralfriedhof in Villach.
EDUARD GlESINGER
war Kaufmann und betrieb das Geschäft »Konfektion und Wäsche« am Oberen Kirchenplatz 1. Tochter Herta schilderte das Novemberpogrom 1938: »Wir sind im Geschäft gewesen. Da sind sie hereingekommen und stante pede haben wir hinaus müssen. Sogar die Geldbrieftasche, Einnahmen von einer ganzen Woche, waren noch in der Kassa, da war alles weg. Wir haben nicht mehr hinein dürfen. Vor der Tür sind zwei SA-Männer gestanden und haben jeden, der hinein wollte, gesagt: ›Das ist eine jüdische Firma!‹«
FANNY SPIERER
war mit Mathias Spierer verheiratet. Das Ehepaar hatte zwei Töchter, Marianne und Rosalia, sowie einen Sohn, Wolf. Die Familie lebte in Villach in der Widmanngasse 22.
1929 zogen Fanny und Mathias Spierer nach Völkermarkt, wo sie ein Textilwarengeschäft eröffneten. Das Geschäft wurde ihnen von den Nazis geraubt.
Fanny Spierer floh mit ihrem Mann nach Palästina.
MARIANNE SPIERER
wurde am 23. Juli 1904 als Tochter von Fanny und Mathias Spierer geboren. Sie hatte zwei Geschwister, Rosalia und Wolf. Die Familie lebte in Villach in der Widmanngasse 22. Marianne Spierer besuchte die Handelsakademie in Klagenfurt.
Am 8. Juni 1930 heiratete sie in Klagenfurt Josef Scharfberg. Sie übernahmen in Eisenkappel die Gemischtwarenhandlung von Mathias Spierer. Das Geschäft wurde ihnen von den Nazis geraubt. Nach deren Machtübernahme sagte Marianne zu einer Kundin: »Alle werden dran kommen. Zuerst wir Juden, dann ihr Slowenen.«
Marianne Spierer gelangte Ende 1938 mit ihrem Mann und dem fünfjährigem Sohn völlig mittellos nach Palästina. In Haifa führten sie ein kleines Bekleidungsgeschäft. Marianne starb im Oktober 1973 in Haifa.
MATHIAS SPIERER
war mit Fanny Spierer verheiratet. Das Ehepaar hatte zwei Töchter, Marianne und Rosalia, sowie einen Sohn, Wolf. Sie lebten in Villach in der Widmanngasse 22.
Zunächst war er als Handelsangestellter tätig, 1929 machte er sich selbständig und eröffnete in Völkermarkt und Eisenkappel Textilwarengeschäfte. Das Geschäft in Eisenkappel übergab er bald darauf Tochter und Schwiegersohn. Beide Geschäfte wurden »arisiert«.
Mathias Spierer floh mit seiner Frau nach Palästina.
WOLF SPIERER
war der Sohn von Fanny und Mathias Spierer. Er wurde am 28. Februar 1908 in Polen geboren und war ab 1913 in Villach gemeldet. Er hatte zwei Schwestern, Marianne und Rosalia. Sie lebten in Villach in der Widmanngasse 22.
1937 heiratete Wolf Spierer Regina Fischbach aus Klagenfurt. Am 17. März 1938 flüchteten sie über Paris nach Palästina. 1957 übersiedelten sie in die USA. Wolf Spierer starb 1985.
»Was sie uns angetan haben, war furchtbar, aber dass sie uns die Heimat genommen haben, […] das ist nicht zu verzeihen. Ich war so Österreicherin like you, or you, or you, […] dass ich Jüdin daneben war, okay, das war meine Religion. I am right, aber wir gehörten hierher, […] und mit Recht! Ich bin dort geboren, ich habe das Land geliebt, es war genauso meine Heimat, wie es die Heimat von jemand anderem ist.«
(Regina Spierer in einem 2007 in New York geführten Interview)
ROSALIA (LEA) SPIERER
wurde 1905 als Tochter der Fanny und des Mathias Spierer geboren und war ab 1913 in Villach gemeldet. Sie hatte zwei Geschwister, Marianne und Wolf. Die Familie lebte in Villach in der Widmanngasse 22.
Lea heiratete Artur Kant, Besitzer eines Modewarengeschäftes in Saalfelden. Auch dieses Geschäft wurde »arisiert«. Artur Kant wurde während des Novemberpogroms 1938 in das KZ Dachau verschleppt. Ende 1939 schaffte sie die Flucht nach Palästina. Sie verstarb 1956 in Haifa.
PHILIP LILIAN
wurde am 20. Januar 1881 in Galizien geboren. Er war Kaufmann und hatte ein kleines Geschäft auf dem Hauptplatz 3 in Villach. Am 12. September 1909 heiratete er Luzia Hauslich. Das Ehepaar hatte drei Söhne, die in Villach die Richard-Wagner-Schule besuchten: Ignaz, Josef und Leopold. Die Familie wohnte in der Italienerstraße 15. Das Geschäft von Philip Lilian am Hauptplatz wurde verwüstet und »arisiert«. »Viele Sachen sind auf dem Platz herumgelegen. Der Herr Lilian ist vor dem Geschäft auf einem Rucksack gesessen und hat geweint.« Philip Lilian war von 10. November 1938 bis Mitte Dezember 1938 im KZ Dachau interniert. Nach der Haftentlassung wurde das Ehepaar Lilian von den Nazis nach Wien zwangsumgesiedelt. Im September 1939 flüchteten die Lilians nach Palästina, wo Philipp Lilian als Botengänger und Zeitungsausträger arbeitete.
LUZIA LILIAN
geborene Hauslich, wurde am 5. Juni 1883 in Ungarn geboren. Im »Verzeichnis der im Amtsbereich der Bezirkshauptmannschaft Villach wohnhaften Israeliten« wird sie als Lina Lilian geführt. Sie heiratete am 12. September 1909 den Kaufmann Philip Lilian und lebte mit ihm in Villach in der Italienerstraße 15. Das Ehepaar hatte drei Söhne, die in Villach die Richard-Wagner-Schule besuchten: Ignaz, Josef und Leopold. Luzia und Philip Lilian wurden 1938 nach Wien zwangsumgesiedelt und flüchteten im September 1939 nach Palästina.
LEOPOLD LILIAN
wurde am 17. Februar 1918 als dritter Sohn von Luzia und Philip Lilian in Villach geboren. Die Familie wohnte in der Italienerstraße 15. Die Eltern führten ein kleines Geschäft auf dem Hauptplatz 3 in Villach. Leopold Lilian hatte zwei Brüder, Josef und Ignaz, die wie er die Richard-Wagner-Schule in Villach besuchten. Später war er im Textilwarengeschäft von Arthur Glesinger in Villach beschäftigt. Das Geschäft seines Vaters am Unteren Hauptplatz wurde 1938 von den Villacher Nazis verwüstet und »arisiert«.
Leopold Lilian flüchtete im November 1938 mit einem illegalen Transport nach Palästina, wo er fortan als kaufmännischer Angestellter arbeitete.
JOSEF LILIAN
wurde am 25. Juni 1915 als zweiter Sohn von Luzia und Philip Lilian geboren. Die Familie wohnte in der Italienerstraße 15. Die Eltern führten ein kleines Geschäft auf dem Hauptplatz in Villach. Josef Lilian hatte zwei Brüder, Ignaz und Leopold, die wie er die Richard-Wagner-Schule in Villach besuchten.Er arbeitete im Geschäft seines Vaters am Unteren Hauptplatz, das 1938 von Villacher Nazis verwüstet und »arisiert« wurde. Josef Lilian flüchtete am 25. Juni 1938 mit einem illegalen Transport nach Palästina, wo er fortan als landwirtschaftlicher Arbeiter tätig war.
IGNAZ LILIAN
wurde am 2. Februar 1911 als erster Sohn von Luzia und Philip Lilian geboren. Die Familie wohnte in der Italienerstraße 15. Die Eltern führten ein kleines Geschäft auf dem Hauptplatz in Villach. Ignaz Lilian hatte zwei jüngere Brüder, Josef und Leopold, die wie er die Richard-Wagner-Schule in Villach besuchten.
Das Geschäft von Philip Lilian am Unteren Hauptplatz wurde 1938 von Villacher Nazis verwüstet und »arisiert«.
LEO SOBEL
besaß eine Geschirrhandlung in der Lederergasse in Villach. Er wurde enteignet, das Geschäft »arisiert«. Leo Sobel gelang die Flucht nach Palästina.
ROBERT DEMAN
»Mein Vater wurde im Juni 1939 verhaftet, weil er Jude war. Er arbeitete als Vertreter in der Textil-branche. Gleich nach dem Anschluss haben mich meine Eltern aus Sicherheitsgründen zu meiner Tante nach Villach geschickt. Meine Mutter, geb. Johanna Planer aus Steindorf am Ossiachersee, ist nach England gefahren und bemühte sich dort um ein Ausreisevisum für ihren Mann. Das ist ihr nicht gelungen. Mein Vater und meine Großmutter wurden verhaftet und deportiert, die Wohnung wurde beschlagnahmt. Dann ist meine Mutter nach Villach gekommen, und wir lebten alle zusammen bei der Tante auf der Heide 2. Den letzten Brief von meinem Vater erhielten wir aus Polen. […] Als in Villach gemunkelt wurde, dass ich die Tochter eines Juden bin, schwebten wir in großer Gefahr; man wollte meine Mutter und mich verhaften und deportieren. Wir hatten Glück. Mein Onkel, er war ein Nazi, erzählte seinen Parteikameraden, dass ich eigentlich das Kind eines Italieners sei, das meine Mutter in die Ehe mit Robert Deman mitgebracht hatte. Gott sei Dank haben die Nazis nicht genau nachgeforscht und so überlebten wir. Wir hatten immer Angst.«
Idee und Gestaltung: Wolfram P. Kastner