Papst und Hitler Seit’ an Seit’
(zum Papstbesuch 2011 in Deutschland)
Anlässlich des Papstbesuchs in Berlin schritten Papst und Hitler Seit’ an Seit und Arm in Arm (dargestellt von den Künstlern Wolfram P. Kastner und Linus Heilig) vom Erzbischöflichen Ordinariat über den Bebel-Platz, Unter den Linden und durchs Brandenburger Tor zum Bundesreichstag.
Der Führer aller Katholiken segnete würdevoll und einseitig grinsend Denkende aber auch Gläubige, BerlinerInnen und Touristen, während der Führer aller Deutschen nur ab und an einen Arm von sich streckte und knurrte „Die Vorsehung hat uns zusammengeführt“. Gemeinsam gedachten beide des seit 1933 (also seit 78 Jahren) ohne Unterbrechung gültigen Staatsvertrags zwischen den zwei autoritären (und massenmörderischen) Regimen Vatikan und Nazi-Deutschland.
Nahezu ausnahmslos lachten, lächelten oder schmunzelten die gesegneten Passanten den beiden zu - nur die jungen Wachhunde vor dem Hotel Adlon und einige Uniformierte wandten sich mit starren Minen ab. Ein Fahrgast der Berliner Verkehrsgesellschaft wagte es, hinter sicheren Scheiben seinen Stinkefinger zu zeigen. Auch er wurde vom Papst gesegnet.
Tausende von Besuchern und Bewohnern Berlins fotografierten und filmten die beiden Würden- und Irrsinnträger, denn nirgendwo gab es sonst Gelegenheit, dem BildZeitungsPapst so nahe zu kommen und ihn oder sich selbst mit ihm und seinem Führer am Arm abzulichten. Die Bildzeitung hatte auf einem 20 Meter hohen Plakat Herrn Ratzinger zu ihrem Papst aufgezogen, der dann auch von mehreren Tausend gepanzerten und mit Helm und Visier vor dem Denken bewahrten PolizistInnen abgeschirmt wurde und furchtbar ernsthaften Unsinn verkündigte.
Derweil zog ein Papst zum Anfassen mit seinem A.H. Begleiter durch Berlin und sorgte für Heiterkeit und tausendfache Zustimmungen, die dem Bildzeitungspapst kaum widerfahren: „Geil“, „Super“, „hey geil!“ „das ist das Beste“, „wow!“ oder „Mann is das geil“ und „das trifft’s“.
Lächelnd spendete der Führer aller Katholiken seinen Segen ohn’ Unterschied allen, die da forderten seinen sofortigen Heimgang, die Trennung von Kirche und Staat, die Entschädigung von Missbrauchten oder die strafrechtliche Verfolgung von katholischen Verbrechen.
Nur ein paar verwirrte Polizeibeamte störten die Harmonie und zwangen die beiden (ver)Führer in die Sicherheitscontainer vor dem Reichstag, nahmen ihr Personalien auf und drohten ihnen mit einer Verhaftung wegen des Zeigens von verbotenen Symbolen. Einer der geistig Armen sprach von einer Unverschämtheit und ein anderer suchte die unsinnige Polizeiaktion damit zu rechtfertigen, dass er irgend welche nicht anwesenden Israeli erdachte, die sich als ebenso einfältig erweisen könnten wie er und nicht zu unterscheiden vermöchten zwischen einer Verherrlichung des ideologischen Irrsinn und der Kritik daran. Als der Papst einen Mit-Uniformen väterlich segnete, murmelte der widerspenstig, er wolle sein Sohn nicht sein. Offenbar ein Irrgläubiger.
Vor dem Brandenburger Tor kamen zwei uniformierte Einfältige herbeigeeilt und erteilten einen Platzverweis ohne Begründung. Am Potsdamer Platz ereignete sich ein weiterer peinlicher Zwischenfall: Papst und Hitler wurden von fünf schildkrötenartig ausstaffierten Männern mit starren Gesichtern umringt, die von höherer Stelle Rat anforderten, ob die beiden Führer ohne Anfechtung weiter gehen dürften.
Der Papst segnete auch sie und erbat für sie eine bessere Ausbildung und die Einsicht, dass sie berufen seien, die Grundrechte wie Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu schützen anstatt sie einzuschränken und trug ihnen auf, sie sollten besser Nazis jagen als törichte Taten zu begehen. In seiner Güte wird der Führer aller Katholiken wohl darauf verzichten, eine Feststellungsklage einzureichen, damit diese Polizeiaktionen als rechtswidrig verurteilt werden.
Unter dem Beifall von vielen Tausend Denkenden setzten beide Führer ihren Weg fort, anregend, irritierend und unterhaltsam.
(Carl Blauhorn)
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