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// Ergänzung des Zitates von Theodor Herzl, 29.
August 2001_
Kaigasse
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Auf
der Salzburger Gedenktafel für Theodor Herzl steht ein unvollständiges
Zitat aus seinem Tagebuch: "In Salzburg brachte ich einige
der glücklichsten Stunden meines Lebens zu." Der entscheidende
Nachsatz: "Ich wäre auch gerne in dieser schönen
Stadt geblieben, aber als Jude wäre ich nie zur Stellung eines
Richters befördert worden." fehlt. Die Rückgabestelle
gibt nun dem Zitat seinen Sinn zurück.
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// Strafverfahren eingeleitet_
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Schwere Sachbeschädigung -
oder notwendige Ergänzung eines gefälschten Zitats?
Die Republik Österreich, Landesgericht Salzburg hat gegen
den Künstler Wolfram P. Kastner, der zusammen mit Martin
Krenn eine Klasse an der Sommerakademie für Bildende Kunst
2001 leitete, ein Strafverfahren wegen "schwerer Sachbeschädigung"
eingeleitet und ein deutsches Amtsgericht um Amtshilfe und "Abhörung"
ersucht.
Was ist der Grund?
Der Begründer des Zionismus Dr. Theodor Herzl, der sein
Rechtsreferendariat am Salzburger Landesgericht ableistete, schrieb
in sein Tagebuch:
"In Salzburg brachte ich einige der glücklichsten Stunden
meines Lebens zu. Ich wäre auch gerne in dieser schönen
Stadt geblieben, aber als Jude wäre ich nie zur Stellung
eines Richters befördert worden."
Die Stadt Salzburg brachte im Jahr 2001 dort eine Marmortafel
mit dem sinnentstellend verkürzten Zitat an: "In Salzburg
brachte ich einige der glücklichsten Stunden meines Lebens
zu."
Am 29. August 2001 nahmen Wolfram P. Kastner und Martin Krenn
mit den Studierenden in aller Öffentlichkeit eine handschriftliche
Vervollständigung des Zitats vor (s. Presseberichte und www.t0.or.at/rueckgabe).
Sie sahen darin eine "Rückgabe der unterschlagenen Worte",
in der Hoffnung, dass dies die Verantwortlichen dazu bewegen könnte,
ihren Fehler zu erkennen und zu verbessern.
Statt den Hinweis aufzugreifen und ohne Aufsehen eine Tafel mit
dem vollständigen Zitat anzubringen, wurde die handschriftliche
Ergänzung nach drei Tagen fein säuberlich mit weißer
Farbe übermalt. Darüber hinaus verfolgt die österreichische
Justiz mit der Einleitung des Strafverfahrens offenbar sogar die
Absicht, die oben angeführte Kunstaktion zu kriminalisieren.
Wolfram P. Kastner sagt dazu: "Der Missbrauch des Zitats
zu touristischen Werbezwecken und das Beharren darauf erscheinen
nicht nur mir als eine subtile Form von latentem Antisemitismus
und amtlicher Präpotenz. Die österreichische Justiz
hätte wahrlich andere Möglichkeiten, sich sinnvoll zu
beschäftigen: in Salzburg z.B. kann man einen VW-Passat mit
der Aufschrift "ss S-TURM 1" herumfahren sehen, unbeanstandet
und mit amtlicher Genehmigung. Wurde da die Justiz aktiv oder
ist sie traditionell auf einem Auge blind?"
Martin Krenn: "Die Tendenz zur Kriminalisierung
von politischen Aktionen und die Einschränkung der künstlerischen
Freiheit nimmt in Österreich bedauerlicher Weise zu. Aus
meiner Sicht muss dem entschieden entgegen getreten werden."
Aussendung, 25. Januar 2002
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// Pressereaktionen
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Die Republik Österreich, Landesgericht Salzburg, hat gegen
den Künstler Wolfram P. Kastner, der zusammen mit Martin
Krenn eine Klasse an der Salzburger Sommerakademie für Bildende
Kunst 2001 leitete, ein Strafverfahren wegen "schwerer Sachbeschädigung"
eingeleitet und ein deutsches Amtsgericht um Amtshilfe und "Abhörung"
ersucht. Was ist der Grund? Der Begründer des Zionismus,
Dr. Theodor Herzl, der sein Rechtsreferendariat am Salzburger
Landesgericht ableistete, schrieb in sein Tagebuch: "In Salzburg
brachte ich einige der glücklichsten Stunden meines Lebens
zu. Ich wäre auch gerne in dieser schönen Stadt geblieben,
aber als Jude wäre ich nie zur Stellung eines Richters befördert
worden." Die Stadt Salzburg brachte im Jahr 2001 also am
Landgericht eine Marmortafel mit dem sinnentstellend verkürzten
Zitat an: "In Salzburg brachte ich einige der glücklichsten
Stunden meines Lebens zu." Am 29. August 2001 nahmen Wolfram
P. Kastner und Martin Krenn mit den Studierenden in aller Öffentlichkeit
eine handschriftliche Vervollständigung des Zitats vor. Sie
sahen darin eine "Rückgabe der unterschlagenen Worte",
in der Hoffnung, dass dies die Verantwortlichen dazu bewegen könnte,
ihren Fehler zu verbessern. Statt den Hinweis aufzugreifen und
eine Tafel mit dem vollständigen Zitat anzubringen, wurde
die handschriftliche Ergänzung nach drei Tagen übermalt.
Darüber hinaus verfolgt die österreichische Justiz mit
der Einleitung des Strafverfahrens offenbar die Absicht, die Kunstaktion
zu kriminalisieren. Wolfram P. Kastner sagt dazu: "Der Missbrauch
des Zitats zu touristischen Werbezwecken erscheint nicht nur mir
als eine subtile Form von latentem Antisemitismus und amtlicher
Präpotenz."
taz Nr. 6662 vom 29.1.2002
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Streit um Gedenktafel für Theodor Herzl
Vorwurf: "Subtiler Antisemitismus"
Salzburg - Der Münchner Aktionskünstler
Wolfram Kastner hat wieder mit den österreichisch Behörden
zu tun. Nach den gerichtlichen Auseinandersetzungen um Kastners
künstlerische Proteste gegen den alljährlichen Aufmarsch
der Kameradschaft IV der Waffen-SS am Salzburger Kommunalfriedhof
läuft jetzt ein neues Strafverfahren. Der Vorwurf lautet
auf schwere Sachbeschädigung. Wieder ist es eine von Kastners
unbequemen Kunstaktionen, welche die Justiz auf den Plan rief.
Gemeinsam mit Studenten der Internationalen
Sommerakademie hatte der Künstler im August vergangenen Jahres
eine von der Landeshauptstadt in Erinnerung an die Salzburger
Zeit des Begründers des Zionismus, Theodor Herzl, angebrachte
Tafel handschriftlich "ergänzt".
"In Salzburg brachte ich einige
der glücklichsten Stunden meines Lebens zu", steht auf
der Marmortafel in der Altstadt zu lesen. Kastner hat recherchiert
und festgestellt, dass dieses Zitat aus Herzls Tagebuch grob verkürzt
wurde: "Ich wäre auch gerne in dieser schönen Stadt
geblieben, aber als Jude wäre ich nie zur Stellung eines
Richters befördert worden", notierte Herzl über
sein am Salzburger Landesgericht absolviertes Rechtsreferendariat
weiter im Tagebuch.
Das Zitat derart sinnentstellend
zu verkürzen sei "eine subtile Form von latentem Antisemitismus",
befand Kastner und schritt in einer öffentlichen Aktion zur
handschriftlichen Vervollständigung des Zitats an der offiziellen
Erinnerungstafel. Drei Tage später wurde diese "Rückgabe
der unterschlagenen Worte" wieder fein säuberlich übermalt,
ein halbes Jahr später ein deutsches Amtsgericht um Amtshilfe
und Anhörung ersucht. (neu)
Der Standard, 2001-01-28
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WAS WAR
Herzl zensuriert. In der Stadt Salzburg wurde vergangenes Jahr
eine Marmortafel mit lobenden Worten des Zionismus-Begründers
Theodor Herl angebracht. "In Salzburg brachte ich einige
der glücklichsten Stunden meines Lehens zu", hatte Herl
bei einem Aufenthalt in der Mozartstadt in sein Tagebuch geschrieben.
Nicht in Marmor gemeißelt wurde aber der zweite Satz der
Tagebucheintragung: "Ich wäre auch gerne in dieser schönen
Stadt geblieben, aber als Jude wäre ich nie zur Stellung
eines Richters befördert worden." Diesen nicht unwichtigen
Nachsatz schrieb der Künstler Wolfram P. Kastner gemeinsam
mit Martin Krenn im August 2001 in einer öffentlichen Aktion
unter die Tafel. Nun sollen die beiden Künstler gerichtlich
belangt werden. Ein Strafverfahren wurde bereits eröffnet,
das Strafmaß beträgt bis zu drei Jahre Haft. Die handschriftliche
Ergänzung des Zitates ist mittlerweile von den Behörden
übermalt worden.
Falter
vom
6.2.2002
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"Rückgabe" nannte sich
das Projekt, das in Salzburg im vergangenen Sommer für Aufsehen
sorgte.
Im Rahmen der Internationalen Sommerakademie
erarbeiteten die Künstler Wolfram P. Kastner und Martin Krenn
gemeinsam mit Studierenden ein Projekt, das sich mit den NS-Raubzügen
und "Arisierungen' in der Festspielstadt und mit den bis heute
angewandten Verschleierungstaktiken auseinandersetzte.
Nach genauen historischen Recherchen
startete die Gruppe die "Intervention Rückgabe".
Die Galerie 5020 wurde zur "Rückgabestelle Salzburg",
wo im Rahmen einer Ausstellung Dokumente verweigerter Rückgabe
von arisiertem Eigentum gezeigt wurden. Nicht nur Geschäftsleute,
die im Zuge der Arisierungen Läden insbesondere jüdischer
Mitbürgerlnnen zu Spottpreisen erstanden, auch unzählige
Salzburger Privatpersonen haben vielleicht bis heute Dinge in ihrem
Besitz, die ihren jüdischen Eigentümerinnen geraubt worden
waren.
Bis auf ganz wenige Ausnahmen wurde nie etwas zurück gegeben,
das Wissen darum verborgen gehalten. Die Mitglieder der Rückgabestelle
Salzburg" begaben sich im August schIießlich an mehrere
Orte der Stadt und brachten grellgelbe Schilder mit der Aufschrift
"Sichergestellt" an. Zwei Beispiele für sichergestellte
Objekte: "Am Mirabellplatz 6 lebten bis 1938: Dipl. Ing. Rudolf
Müller (gestorben im KZ Theresienstadt), Adelheid Müller,
Karoline Löwy und Paul Löwy. Hier befanden sich das Kleiderhaus
"Zum Matrosen" und ein Galanteriewarengeschäft. Die
Geschäftsleute und Bewohnerlnnen wurden von Nazis und ihren
Nutznießern beraubt und verjagt. ihr Eigentum wurde bis heute
de facto nicht zurückgegeben. Es wird hiermit sichergestellt."
Zweites Beispiel: ‚Am Alten Markt 12 war bis 1938 das Kaufhaus
Schwarz, dessen jüdische Eigentümer Walter (1938 in Gestapohaft
getötet), Max und Paul Schwarz von den Nazis und ihren willigen
Helfern beraubt und außer Landes getrieben wurden. Nach 1945
wurde ihr persönliches Eigentum gar nicht und ihr wirtschaftliches
Eigentum nur teilweise zurückgegeben. Es wird hiermit sichergestellt!"
Noch etwas ganz anderes gab die Rückgabestelle
zurück, nämlich den Sinn eines Zitats von Theodor Herz!,
dem Begründer des Zionismus, der am Salzburger Landesgericht
sein Rechtsreferendariat ableistete und damals in sein Tagebuch
notierte: "In Salzburg brachte ich einige der glücklichsten
Stunden meines Lebens zu. Ich wäre auch gern in dieser schönen
Stadt geblieben, aber als Jude wäre ich nie zur Stellung eines
Richters befördert worden." 2001 ließ die Stadt
Salzburg am Landesgericht eine Gedenktafel anbringen und wählte
dafür aus diesem Zitat exakt den ersten Satz aus. Am 29. August
vervollständigte die Rückgabestelle das Zitat handschriftlich
und in aller Öffentlichkeit. Drei Tage später wurde die
Handschrift fein säuberlich mit weißer Farbe übermalt:
Die Republik Österreich in Form eben dieses Landesgerichts
Salzburg hat nun ein Strafverfahren gegen den Münchner Künstler
Wolfram P. Kastner eingeleitet. Wegen schwerer Sachbeschädigung.
Kastner verteidigt die "Tat": "Der Missbrauch des
Zitats zu touristischen Werbezwecken und das Beharren darauf erscheinen
nicht nur mir als eine subtile Form von latentem Antisemitismus
und amtlicher Präpotenz."
Sylvia KöchI
Volksstimme, 2. Feb. 2002
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"Salzburgkritische Passage" hat Nachspiel
SALZBURG-STADT (SN-pab). Die im vergangenen Sommer
an der Salzburger Residenz angebrachte Gedenktafel für Theodor
Herzl sorgt weiter für Aufregung. Zitiert wird auf der Tafel
nur das Salzburg-Lob des Begründers des Zionismus. "In
Salzburg brachte ich einige der glücklichsten Stunden meines
Lebens zu. Sommer 1885." Verschwiegen wird der Nachsatz:
"Ich wäre auch gerne in dieser schönen Stadt geblieben,
aber als Jude wäre ich nie zur Stellung eines Richters befördert
worden." Nun wurde gegen den Münchner Künstler
Wolfram Kastner ein Strafverfahren eingeleitet. Er hatte das Herzl-Zitat
gemeinsam mit Studenten der Salzburger Sommerakademie handschriftlich
um die "ganze Wahrheit" ergänzt. Der Vorwurf des
Landesgerichts Salzburg lautet auf schwere Sachbeschädigung.
"Ich habe damit gerechnet, dass die Tafel neu aufgehängt
wird", sagte Wolfram Kastner. Das Strafverfahren sieht er
als "Aktion gegen die Freiheit der Kunst und die Meinungsfreiheit
sowie als eine Form von Antisemitismus".
Salzburger Nachrichen, 11.Feb.2002
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Künstler wegen Zitat vor Gericht
Herzl-Gedenktafel in Salzburg „beschmiert“
Eine Gedenktafel für den Begründer
des Zionismus, Theodor Herzl, an der Neuen Residenz in der Salzburger
Altstadt sorgt auch ein halbes Jahr nach der Anbringung noch für
Aufregung.
Eine Gruppe von Studierenden hatte
am 29. August 2001 das auf der Tafel verewigte Zitat handschriftlich
ergänzt. Jetzt wurde der Leiter der Gruppe, ein Münchner
Künstler, wegen Sachbeschädigung angezeigt.
„In Salzburg brachte ich einige
der glücklichsten Stunden meines Lebens zu. Sommer 1885. Dr.
Theodor HERZL 1860-1904“, steht auf der Tafel, welche die Stadt
Salzburg anbringen ließ. Wolfram Kastner, der im Sommer 2001
eine Klasse an der Sommerakademie in Salzburg leitete, ergänzte
mit einer Gruppe von Studierenden den Spruch aus Herzls Tagebuch.
Auf die Tafel wurde mit einem Filzmarker „Begründer des
Zionismus“ geschrieben. Auf der Residenz-Mauer schrieb die
Gruppe den Tagebuch-Satz zu Ende.
Nun flatterte dem Künstler eine
Ladung des Amtsgerichts München ins Haus. Kastner muss am 14.
Februar zu einer „Abhörung“ erscheinen, weil das
Landesgericht Salzburg ein Strafverfahren wegen des Verdachts der
schweren Sachbeschädigung eingeleitet hat. Schwer deshalb,
weil die Residenz unter Denkmalschutz steht.
Kurier, Montag, 11.02.2002
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Gerichtliches Nachspiel für reduziertes Herzl-Zitat
Der Text einer Gedenktafel für Theodor
Herzl in Salzburg wird gerichtsanhängig.
"In Salzburg brachte ich einige der glücklichsten Stunden
meines Lebens zu." Dieses Zitat Theodor Herzls über
jene Stadt, in der er 1885 ein Gerichtspraktikum absolvierte,
sorgt in Salzburg seit Monaten für Diskussionen. Der Text
auf der Gedenktafel, die im Juli 2001 an der Rückseite des
Salzburger Glockenspiel-Gebäudes angebracht wurde, ist nämlich
nur der erste Satz einer Passage aus Herzls Memoiren. Der zweite
Teil des Zitats wurde verschwiegen: "Ich wäre auch gerne
in dieser schönen Stadt geblieben; aber als Jude wäre
ich nie zur Stellung eines Richters befördert worden."
Kritiker sprachen von Beschönigung und Mißbrauch Herzls.
Nun könnte ein gerichtliches Nachspiel folgen.Der Münchner
Wolfram P. Kastner wurde wegen des Verdachts der "schweren
Sachbeschädigung" angezeigt. Er hatte mit einer Studenten-Gruppe
der Salzburger Sommerakademie für Bildende Kunst im Vorjahr
das Zitat auf der Gedenktafel handschriftlich vervollständigt.
Die Künstler sahen darin eine "Rückgabe der unterschlagenen
Worte". Angezeigt wurde die unerlaubte Ergänzung von
der Liegenschaftsverwaltung des Landes Salzburg als Eigentümer
des denkmalgeschützten Gebäudes. Kastner wurde für
kommenden Donnerstag zur Anhörung ins Amtsgericht München
geladen. Das Landesgericht Salzburg hat die Kollegen in Bayern
um Amtshilfe gebeten.Kritik an der Anzeige kommt von der IG Bildende
Kunst und vom Salzburger Publizisten Clemens M. Hutter, der zu
den vehementesten Kritikern des verkürzten Erinnerungstafel-Textes
gehört. Alle Versuche von Vergangenheits-Aufarbeitung hätten
in Salzburg wenig gefruchtet, meinte Hutter. c.l.
Die Presse, 13.02.2002
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Land löste Ermittlungen aus
SALZBURG (SN). Das Land Salzburg hat
die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen den Münchner
Künstler Wolfram Kastner ausgelöst. Die Liegenschaftsverwaltung
hat nach Rücksprache mit LH-Stv. Wolfgang Eisl (ÖVP) eine
Sachverhaltsdarstellung an das Gericht geschickt. Gegen Kastner
läuft ein Verfahren wegen schwerer Sachbeschädigung. Er
hat eine an der Residenz von der Stadt Salzburg angebrachte Gedenktafel
für Theodor Herzl ergänzt: um den salzburgkritischen Teil
eines Zitates, das dort veröffentlicht wurde.
Eisl sagte, dass er es nicht akzeptiere, wenn das Eigentum des Landes
beschädigt, in diesem Fall beschmiert, werde. Das sei eine
prinzipielle Haltung.
Der Schaden für das Land durch
die Aktion Kastners beträgt 145 Euro.
Salzburger Nachrichen, 12.Feb.2002
Ressort: LOKALES
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Salzburg: Beachtliches Bekenntnis, doch Angst vor
eigener Courage
˘ von Roman Hinterseer
Der Salzburger Landtag legte ein bemerkenswertes Bekenntnis zum
bewussten Umgang mit der Geschichte ab. In letzter Konsequenz
bekamen dann aber doch viele Politiker Angst vor der eigenen Courage.
Walter Thaler, engagierter SP-Klubobmann, hatte den Antrag eingebracht:
„Der Salzburger Landtag lehnt mit aller Entschiedenheit antisemitische,
fremdenfeindliche, extremistische und demokratiepolitisch bedenkliche
Wortspiele und Äußerungen ab.“ Der Verfassungs-
und Verwaltungsausschuss stimmte diesem Antrag zu. „Verbale
Flegeleien a´ la Ried und Kärnten sowie Geschichtsumdeutungen
sind damit bei uns unmöglich“, zeigte sich Thaler zufrieden.
Doch die Nagelprobe bestanden die Landtagsabgeordneten von SP,
VP und FP schon kurz darauf nicht. Die Grünen hatten die
„historisch korrekte Vervollständigung des Zitats an
der Theordor-Herzl-Gedenkstätte“ verlangt. Die drei
Parteien lehnten das ab. „Salzburgs Landtag hat im Umgang
mit der Vergangenheit wieder einmal kläglich versagt"“,
kritisierte daraufhin die Grün-Abgeordnete Heidi Reiter.
Nicht nur, dass man sich dagegen verwehrte, das Zitat zu vervollständigen,
man verfolge weiter vor Gericht den Münchner Künstler
Wolfram P. Kastner wegen schwerer Sachbeschädigung, weil
dieser mit Studenten der Sommerakademie den Satz mit Filzstift
auf der Gedenktafel zu Ende geschrieben hatte.
Theodor Herzl, der Begründer des Zionismus und Vater des
Staates Israel, hatte in Salzburg gelebt. Also wurde ihm eine
Gedenktafel gewidmet. Allerdings mit „einem halben verharmlosenden
Zitat, das für oberflächliche Tourismuswerbung missbraucht
wird" (Reiter).
Der Tafeltext: „In Salzburg brachte ich einige der glücklichsten
Stunden meines Lebens zu.“ Der Rest der Wahrheit fehlt: „Ich
wäre auch gerne in dieser schönen Stadt geblieben, aber
als Jude wäre ich nie zur Stellung eines Richters befördert
worden"“
Die Ergänzung wurde mit dem Hinweis abgelehnt, Herzl habe
nie um einen Posten als Richter angesucht, könne also nicht
gewusst haben, ob er das Amt nicht doch bekommen hätte.
„Lehnen verbale Flegeleien wie in Kärnten und Ried
ab.“SP-KLUBCHEF W. THALER
Kurier 22.2.2002
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Kultur News
Herzl und die halbe Wahrheit
In Salzburg diskutiert man um eine
neue Gedenktafel für Theodor Herzl.
Ein verkürztes Zitat auf einer Gedenktafel für Theodor
Herzl sorgt in Salzburg weiter für Diskussionen. Jetzt forderten
die Grünen im Landtag die Landesregierung auf, eine neue Gedenktafel
mit dem vollständigen Text anzubringen.
"In Salzburg brachte ich einige
der glücklichsten Stunden meines Lebens zu." Diesen Satz
hat Herzl über jene Stadt, in der er 1885 ein Gerichtspraktikum
absolvierte, geschrieben. Der zweite Teil des Zitats wurde verschwiegen:
"Ich wäre auch gerne in dieser schönen Stadt geblieben;
aber als Jude wäre ich nie zur Stellung eines Richters befördert
worden." Der Münchner Wolfram P. Kastner vervollständigte
im vergangenen Sommer das Zitat gemeinsam mit Studenten der Sommerakademie
handschriftlich und sieht sich nun mit einer Klage wegen schwerer
Sachbeschädigung konfrontiert. Die Grünen fordern Landeshauptmann-Stellvertreter
Wolfgang Eisl (V) auf, die Klage zurückzuziehen. c.l.
Die Presse, 21.02.2002
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Herzl-Zitat
beschäftigt Landtag
SALZBURG:
Grüne fordern neue Gedenktafel mit vollständigem Text
Salzburg
- Die umstrittene Gedenktafel, welche an die Salzburger Jahre des
Begründers des Zionismus Theodor Herzl erinnern soll, beschäftigt
nun auch den Salzburger Landtag. Die Grünen beantragen, das
Land solle die am Neugebäude der Residenz angebrachte Tafel
entfernen und durch eine neue ersetzen.
Anlass
ist ein Antrag der SP zum "bewussten und wahrheitsgetreuen
Umgang mit dem geschichtlichen Erbe". Wie vom STANDARD berichtet,
steht derzeit der Tagebucheintrag Herzls "In Salzburg brachte
ich einige der glücklichsten Stunden meines Lebens zu",
auf der Marmortafel zu lesen.
Der
Münchener Aktionskünstler Wolfram Kastner hatte vergangenes
Jahr den Satz handschriftlich vervollständigt: "Ich wäre
auch gerne in dieser schönen Stadt geblieben, aber als Jude
wäre ich nie zur Stellung eines Richters befördert worden",
notierte Theodor Herzl über sein am Salzburger Landesgericht
absolviertes Rechtsreferendariat nämlich weiter. Diese künstlerische
Aktion hatte Kastner eine Anzeige wegen schwerer Sachbeschädigung
eingebracht.
In
einem weiteren Antrag verlangt die Grün- Abgeordnete Heidi
Reiter vom ressortzuständigen Landeshauptmannstellvertreter
Wolfgang Eisl (VP) daher, dass das Land die Anzeige gegen Kastner
zurückzieht, da dieser einen "wesentlichen Beitrag zur
Geschichtsbewältigung" geleistet habe. (neu)
Der
Standard, 2001-02-21
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SALZBURG: STRAFVERFAHREN
Die Stadt Salzburg brachte 2001 eine Marmortafel an, die ein Zitat
von Dr. Theodor Herzl wiedergibt. Der Begründer des Zionismus
hatte als junger Jurist seine Referendarzeit am Salzburger Landgericht
abgeleistet und in seinem Tagebuch notiert, in Salzburg habe er
einige der glücklichsten Stunden seines Lebens verbracht.
Dies ist nun auf der Marmortafel zu lesen, wobei aber der nächste
Satz in dem Tagebuch weggelassen wurde, Herzl wäre auch gerne
in Salzburg geblieben, aber dort hätte man ihn als Juden
nie zum Richter befördert. Die Künstler Wolfram P. Kastner
und Martin Krenn nahmen zusammen mit Studierenden der Salzburger
Sommerakademie auf der Marmortafel eine "handschriftliche
Vervollständigung des Zitats" vor. Mit der "Rückgabe
des unterschlagenen Wortes" protestierten sie gegen den "Missbrauch
des Zitats zu touristischen Werbezwecken". Das "Beharren"
der Salzburger Stadtoberen auf der verkürzten Wiedergabe
des Zitats bezeichnet Kastner in einer Pressemitteilung als "subtile
Form von latentem Antisemitismus". Inzwischen hat das Salzburger
Landgericht gegen Kastner ein Strafverfahren wegen "schwerer
Sachbeschädigung" eingeleitet und ein deutsches Gericht
um Amtshilfe ersucht.
Kunstforum international, Rubrik
Aktionen-Projekte-Kunst im öff. Raum
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Gegen halbes Zitat
Das halbe Herzl-Zitat auf der Gedenktafel in Salzburg
soll ergänzt werden, nachdem sich Bundespräsident Thomas
Klestil eingeschaltet hat.
SALZBURG-STADT (SN-alf). "In Salzburg brachte
ich einige der glücklichsten Stunden meines Lebens zu."
Dieses Zitat von Theodor Herzl, dem Begründer des Zionismus,
prangt auf einer Gedenktafel an der Neuen Residenz. Für Aufregung
sorgte dieser Spruch, weil der zweite Teil des Zitats nicht aufscheint.
". . . aber als Jude wäre ich nie zur Stellung eines Richters
befördert worden".
Das oft kritisierte halbe Zitat beschäftigt nun
auch Bundespräsident Thomas Klestil. In einem Brief an Bgm.
Heinz Schaden (SPÖ) schreibt Klestil, dass "gerade in
Österreich mit dem Andenken an Theodor Herlz besonders sensibel
umgegangen werden sollte". Er würde es begrüßen,
wenn es eine Einigung über das vollständige Zitat geben
könnte.
Über das halbe Zitat war der Bundespräsident
vom Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes,
Wolfgang Neugebauer, informiert worden. Ebenso über die Vorgeschichte.
Etwa, dass der Künstler Wolfram Kastner den Spruch mit der
Hand vervollständigt hatte und dafür wegen schwerer Sachbeschädigung
angezeigt worden war. Und dass sich Stadt und Land weigern, den
ganzen Spruch auf der Gedenktafel zu veröffentlichen.
Bürgermeister Heinz Schaden (SPÖ) kann sich
nach den Protesten und der Intervention des Bundespräsidenten
nun doch eine Änderung des Zitats vorstellen. Er habe sich
nochmals mit der Israelitischen Kultusgemeinde in Verbindung gesetzt,
schreibt Schaden an Klestil. Die Kultusgemeinde solle entscheiden,
ob das Zitat in der bisherigen Form beibehalten oder der vollständige
Satz auf der Gedenktafel wiedergegeben werden soll.
Kultusgemeinde
soll entscheiden
Falls der Wunsch geäußert wird, das Textzitat
zu verändern, zu ergänzen oder zu vervollständigen,
würde er diesem Wunsch selbstverständlich nachkommen,
so der Salzburger Bürgermeister. Die bisherige Form des Zitates
sei ebenfalls auf Wunsch der Israelitischen Kultusgemeinde zu Stande
gekommen. Er persönlich habe auf den Text keinen Einfluss genommen.
Salzburger Nachrichen, 2002-06-05
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// offener Brief der IG Bildende
Kunst an die Salzburger Landes- und Stadtregierung
Wien, im Februar 2002
Sehr geehrte Damen und Herren der
Salzburger Landesregierung!
Sehr geehrte Damen und Herren der Salzburger Stadtregierung!
Mit Erschütterung haben wir
letzte Woche gelesen, mit welchen Mitteln in Österreich gegen
KünstlerInnen vorgegangen wird, die sich um eine ehrliche
Auseinandersetzung mit der Vergangenheit bemühen. Künstlerische
Freiheit endet offensichtlich dort, wo sie zu Kritik an politischen
EntscheidungsträgerInnen führt.
Es geht um das eingeleitete Strafverfahren
gegen Wolfram P. Kastner, der am 29. August 2001 gemeinsam mit
Martin Krenn und Studierenden der Salzburger Sommerakademie das
Zitat auf der Salzburger Gedenktafel für Theodor Herzl um
einen entscheidenden Satz aus Herzls Tagebuch ergänzte. Während
auf der Tafel ausschließlich geschrieben steht "In
Salzburg brachte ich einige der glücklichsten Stunden meines
Lebens zu.", fügten die KünstlerInnen folgenden
Nachsatz handschriftlich hinzu: "Ich wäre auch gerne
in dieser schönen Stadt geblieben, aber als Jude wäre
ich nie zur Stellung eines Richters befördert worden."
Nun - ein halbes Jahr später - sieht sich Kastner mit einer
Anzeige wegen schwerer Sachbeschädigung konfrontiert. Am
14. Februar 2002 ist Kastner zu einer "Abhörung"
vorgeladen.
Die Verlagerung der Diskussion auf
Sachbeschädigungsvorwürfe bekommt den unangenehmen Beigeschmack,
auf diesem Weg vom Faux-Pas Salzburgs abzulenken, der sich mit
der Anbringung einer solchen Gedenktafel geleistet wurde und offensichtlich
noch immer geleistet wird.
Aus wissenschaftlicher Sicht ist
eine derartige Entkontextualisierung eines Zitats höchst
unseriös - von der moralisch Verwerflichkeit der inhaltlichen
Verzerrung in diesem speziellen Fall ganz zu schweigen! JedeR
JournalistIn, die / der heute z.B. ein aktuelles PolitikerInnenzitat
in einen öffentlichen Medium derart sinnverändernd wiedergeben
würde, müsste mit ernsthaften juristischen Problemen
rechnen. Umso bedenklicher erscheint es daher, dass eine einmal
aufgezeigte sinnentstellte Zitatverwendung im öffentliche
Raum scheinbar jeder Enttarnung zum Trotz - von den politisch
Verantwortlichen gedeckt und offensichtlich gewollt - weiter existieren
kann!
Mit dem Auftrag zur Übermalung
der Zitatergänzung legen Sie als verantwortliche LandespolitikerInnen
ein Bekenntnis zur Manipulation von Geschichte ab!
Die Verschleierung unangenehmer historischer
Tatsachen gerade im Bereich Antisemitismus zeigt sich dabei als
sehr spezifisch österreichisches Phänomen der Nachkriegszeit.
Eine Strategie, die erschreckenderweise auch heute noch verfolgt
zu werden scheint und sich offensichtlich nicht auf Ereignisse
während der Zeit des nationalsozialistischen Terrorregimes
beschränkt.
Dabei haben uns gerade die Diskurse
der späten 1980er Jahre gezeigt, dass das Beharren auf der
sogenannten "Opferthese" (Österreich sei erstes
Opfer der Hitler'schen Angriffspolitik gewesen...) und die damit
einhergehende Distanzierung von jeglichen antisemitischen Handlungen
innerhalb der eigenen Reihen ein nicht länger akzeptabler
Umgang mit der Geschichte Österreichs ist.
Jedes Denkmal, jede Gedenktafel,
jede Zeichensetzung im öffentlichen Raum hat immer auch repräsentativen
Charakter für die AuftraggeberInnen. Wir appellieren daher
an die gesellschaftspolitische Verantwortung der Stadt und des
Landes Salzburg, den Hinweis der KünstlerInnen als positiven
Anstoß aus der Zivilgesellschaft aufzugreifen und anhand
der Gedenktafel für Theodor Herzl einen verantwortungsbewussten
Umgang mit Geschichte zu demonstrieren. Eine Ergänzung des
Zitats ist nicht nur notwenig, um der historischen Realität
gerecht zu werden, sondern stellt auch eine Chance für Salzburg
dar, auf Fehler in der Vergangenheit zu reagieren und daraus Konsequenzen
zu ziehen.
Da wir außerdem nicht glauben,
dass der Status Quo der Lage in Ihrem Sinne sein kann, hoffen
wir, dass Sie sich für eine Lösung einsetzen, die nicht
darauf abzielt einen engagierten Künstler mit juristischen
Mitteln mundtot zu machen.
Deshalb unsere abschließenden
Fragen: Wer ist verantwortlich für die bestehende Gedenktafel
und die Auswahl des Zitats? Wie gedenken Sie, mit dieser Gedenktafel
in Zukunft umzugehen? Welche weitere Strategie verfolgen Sie im
Umgang mit dem Künstler Wolfram P. Kastner?
Mit der Bitte um Stellungnahme verbleiben
wir mit freundlichen Grüßen
Daniela Koweindl
f. d. IG BILDENDE KUNST
www.igbildendekunst.at
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